Es war gegen ein Uhr morgens am Sonntag, den 7. Juni 1964 in Minneapolis. Meade Lux Lewis, einer der drei großen Boogie Pianisten, hatte gerade einen Auftritt beendet und machte sich nach dem Konzert auf den Weg. Lewis saß allein am Steuer seines Wagens und fuhr den Memorial Highway im Stadtteil Golden Valley entlang. Er war gerade auf dem Highway unterwegs als ein anderer Wagen mit erhöhter Geschwindigkeit ihn von hinten rammte. Der Aufprall muss so heftig gewesen sein, dass er über 100 Meter über die Straße geschleudert wurde bevor er gegen einen Baum prallte. Meade Lux Lewis verstarb noch am Unfallort.
Über den Fahrer des Unfallwagens weiß man nicht viel. Er war Anfang 20 und – wie die Polizei in ihrem Unfallbericht schrieb – viel zu schnell unterwegs.
In Erinnerung bleiben die großen Erfolge
Meade Lux Lewis hatte ein bewegtes Leben. Natürlich bleibt sein „Honky Tonk Train Blues“ als Hymne aller Boogie Pianisten ewig mit ihm verknüpft. Natürlich erinnern sich Boogie Fans hauptsächlich an seinen Auftritt beim „Spirituals to Swing Festival“ in der New Yorker Carnegie Hall vom Dezember 1938. Aber in Lux Lewis` Leben gab es sehr viel mehr.
Über sein Geburtsdatum gibt es unterschiedliche Angaben. Der 3. September 1905 in Chicago könnte stimmen.
Dort traf er schon in jungen Jahren einen Kumpel, der ebenfalls gerne auf dem Klavier spielte: Albert Ammons. Die Freundschaft hielt ein Leben lang. Sie teilten sich als Teenager auch eine Wohnung und bespielten alle Klaviere in der Windy City, die nicht niet und nagelfest waren. Bei ihren Klavier-Runden durch die Stadt trafen sie auch auf den Pianisten Jimmy Yancey. Er war eine Art „Ziehvater“ und nahm die jungen wilden unter seine Fittiche.
Die Hymne aller Boogie Pianisten: „Der Honky Tonk Train Blues“
Wann Meade Lux Lewis den Honky Tonk Train Blues genau komponiert hat ist nicht überliefert. Auch warum er dem Thema „Dampflokomotive“ diesen Song gewidmet hat wird immer wieder gerne mit Geschichten aus unterschiedlichsten Motiven heraus erzählt. Rein pianistisch betrachtet ist jedoch Fakt, dass der Honky Tonk Train Blues alles hat, was „Boogie Piano“ ausmacht – nur den Namen nicht.
Denn „Boogie Woogie“ wurde erst 1928 vom Pianisten Clarence Pinetop Smith zum erstenmal bekannt gemacht. Der Honky Tonk Train Blues ist also vorher entstanden.
Was auch eine Plattenaufnahme belegt, die Meade Lux Lewis 1927 für die damals erst seit 10 Jahren aktive Firma Paramount einspielen durfte. Die Aufnahme verschwand aber recht bald in den Archiven, denn sie war kommerziell nicht erfolgreich. Meade Lux Lewis hatte sich sicherlich mehr erhofft. Paramount wohl auch.
Überleben im Chicago der 1930er Jahre
Meade Lux Lewis konnte vom Klavierspielen nicht leben. Mit allerlei Jobs hielt er sich über Wasser, ohne aber das Boogie Piano zu vernachlässigen. Der Musik-Journalist, Talent Scout und Musik Produzent John Hammond aus New York, der 1938 das „From Spirituals to Swing“ Konzert in der Carnegie Hall organisierte, beschreibt seine Suche nach Meade Lux Lewis in seiner Biographie sehr amüsant:
„Vom Pianisten Albert Ammons hatte ich erfahren, dass Meade Lux Lewis in einer Autowerkstatt an der South Side arbeitete und dort Wagen wusch. Also fuhr ich hin. Und traf ihn dort in einer Pause.“
Umzug nach New York
John Hammond hatte die Paramount Aufnahme des Honky Tonk Train Blues von 1927 gehört und lud Meade Lux Lewis nach New York ein. 1936 reise Lewis in den Big Apple, sein Auftritt dort war aber trotz aller Bemühungen von John Hammond, kein Erfolg.
Das sollte sich 1938 ändern. John Hammond engagierte Lewis erneut, diesmal gemeinsam mit Albert Ammons in der Carnegie Hall aufzutreten. Das Konzert war ein großer Erfolg und machte den Boogie Woogie über Nacht zur populären Musik in ganz Amerika. Mit Ammons und Lewis standen auch noch Big Joe Turner und der Pianist Pete Johnson aus Kansas City auf der Bühne. Und die Superstars der damaligen Zeit wie z.B. Count Basie.
John Hammond arrangierte für Lewis, Ammons, Johnson und Joe Turner direkt im Anschluß Auftritte in einem neuen Nachtclub in New York, dem Cafe Society.
Dort blieben sie ganze vier Jahre lang. Meade Lux Lewis kehrte nur noch für kurze Gastspiele zurück nach Chicago.
New York Anfang der 1940er Jahre war die wohl erfolgreichste Zeit für Meade Lux Lewis. Unzählige Konzerte in ganz Amerika folgten. Und auch Plattenaufnahmen, unter anderem für das Label Blue Note im Januar 1939.
Meade Lux Lewis drehte auch ein paar Kurzfilme und war unter anderem mit Louis Armstrong auf der Leinwand im Film „New Orleans“ zu sehen.
Die letzten Jahre
Meade Lux Lewis zog 1941 von New York nach Los Angeles um und Californien wurde zumindest in seinen späten Jahren seine Heimat.
Als der Boogie Woogie in den 1950er Jahren vom Rock`n Roll als populäre Musik abgelöst wurde, änderten sich auch die Engagements für Meade Lux Lewis. Weniger Konzerthallen, dafür wieder mehr Auftritte in kleinen Clubs und Restaurants.
Die Hinterlassenschaft des Pianisten Meade Lux Lewis ist gewaltig. Unzählige Aufnahmen, mal im Studio, mal bei Live-Konzerten, die kleinen Kurzfilme aber natürlich der Honky Tonk Train Blues und weitere Klassiker des Boogie Woogie Pianos sorgen dafür, dass er nie vergessen wird.
Mein Dank gilt Michael Hortig aus Graz für seinen unermüdlichen Einsatz, die Geschichte der Musik mit Fakten zu belegen.
Christian Christl